Ein Vortrag im Zehnthaus über archäologische Grabungen in Odendorf gibt Anlass, das Thema weiterzuführen.
Die Suche nach verborgenen Kostbarkeiten hat viele Forscher lebenslang begleitet. Seit mehr als 2500 Jahren sammeln Reiche und Mächtige Altertümer, um sich im Glanz und Ruhm vergangener Zeiten zu sonnen. Römische Kaiser ließen ägyptische Obelisken über das Mittelmeer transportieren, um ihre Hauptstadt zu schmücken. Die Maya-Städte, die Terrakotta Armee, Pompeji oder die spektakulären Schätze aus dem Grab des Pharao Tutanchamun machten weltweit Schlagzeilen.
Europäische Ausgräber schwärmten bereits im 18. Jahrhundert über den ganzen Globus aus. Nur wenige waren ernste Wissenschaftler. Die meisten eher Diplomaten oder Geschäftsleute, die eng mit der kolonialen Expansionspolitik verbunden waren. Sie ließen ägyptische Mumien, assyrische Statuen, griechische Friese und vieles mehr in ihre Staatsmuseen oder Privatsammlungen schaffen.
Bleiben wir in Deutschland. Johann Winkelmann (1717 - 1768) schuf die Grundlagen für die Klassische Archäologie und die moderne Kunstgeschichte. Als Schriftsteller hat er dem breiten Publikum die antike griechische Kunst nahegebracht. Er gilt unter Archäologen als Stammvater dieser Wissenschaft. Außerhalb von Fachkreisen jedoch ist Winckelmann eher unbekannt. Als sich Anfang des 19. Jahrhunderts die Archäologie als neue Wissenschaft etablierte, läutete diese Disziplin eine beispiellose Ära an Entdeckungen ein, die das Verständnis für die Entwicklung der Menschheit revolutionierte.
Es war Heinrich Schliemann, der 1871 an der kleinasiatischen Küste auf dem Hügel Hisarlik mit seinen Ausgrabungen begann, um Troja zu finden. Er hatte einen märchenhaften Aufstieg vom Ladenburschen zum Multi-Millionär vollzogen und setzte enorme Summen für die Ausgrabungen ein. Schliemann hat immer behauptet, Troja gefunden zu haben. Ein archäologischer Beweis dafür ist bislang weder von ihm noch von seinen Nachfolgern erbracht worden.
Er fand nicht das, was er suchte. Er entdeckte eine bronzezeitliche Siedlung mit einer bis dahin völlig unbekannter Keramik. Bei den äußerst intensiven Grabungen durch verschiedene Siedlungsschichten kam schließlich ein Goldfund zu tage. Schliemann glaubte den Schatz des Priamos mit annähernd 8000 Gegenständen gefunden zu haben, den er vertragswidrig aus dem Osmanischen Reich nach Griechenland und später nach Deutschland schaffen ließ.
Nach heutigem, allgemein anerkanntem Forschungsstand ist die Bezeichnung „Schatz des Priamos“ nicht korrekt, denn der Goldschmuck ist rund 1250 Jahre älter als das von Homer beschriebene Troja aus der Herrscherzeit von Priamos, dem letzten trojanischen König.
Der Schatz wurde 1885 im Völkerkundemuseum Berlin ausgestellt und nach dem Zweiten Weltkrieg als Beutekunst in die Sowjetunion gebracht. Der Aufenthaltsort blieb zunächst geheim, seit 1996 ist er im Moskauer Puschkin-Museum ausgestellt.
Schliemann war sehr auf Erfolgsmeldungen und auf Anerkennung aus, was ihm von wissenschaftlicher Seite viel Kritik einbrachte. Er hat sich nach heutiger Begriffswelt sehr gut vermarktet, auch weil er die Macht der Presse erkannte und als Mittel der Dokumentation die Photographie einsetzte. So ist Schliemann heute im Gegensatz zu Winckelmann der Öffentlichkeit unter den Stichworten Troja und Priamos ein Begriff. Sein Grabmal steht in Athen.
Ausstellungskatalog: Dr. Heinrich Schliemann. Ausstellung im Akademischen Kunstmuseum der Universität Bonn (Bonn 1991)
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