Sankt Martin, mittelalterliches Relief Portal
(Fotograf: Henryk Nistrój, Quelle: Pixabay, freie Nutzung)
Um 400 wurde in Ligugé, dem Ort seiner ersten Klostergründung, der beginnende Verehrungskult des Heiligen Martin von Tours dokumentiert. Während der Französischen Revolution erfuhr die Grabstätte erheblich Verwüstungen. Im 19. Jahrhundert begann eine neue Blütezeit der Martinsverehrung.
Die erste Martinsumzüge im Rheinland mit Musikkapellen und Kindergesang gab es 1867. Ein symbolischer Martin, der den Zug mit dem Pferd anführte, kam erst später hinzu. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Umzüge im gesamten Rheinland üblich.
In der Umgebung von Bonn, rheinaufwärts bis Koblenz und in der Eifel wurde St. Martin durch mächtige Bergfeuer geehrt. Dafür sammelte die Jugend schon Wochen vorher entsprechende Brennstoffe. Eine bemerkenswerte Begleiterscheinung war die Bildung von Parteien unter den „Mertes Jungen“. Jede Partei sammelte für sich, machte Feuer für sich und suchte das andere „Kriegslager“ in der Größe des Feuers zu übertreffen oder dessen Brennvorräte zu rauben. Auch zog man mit langen Pechfackeln über die Höhen. Diese Parteigruppierungen führten häufig zu heftigen Ausschreitungen und Prügeleien. Durch das Einwirken der Schulen und durch den gemeinsamen Marsch der Kinder zu einem zentralen Martinsfeuer sind diese Auswüchse heute nicht mehr zu beobachten.
In viele Städten und Regionen gibt es heute den Martinimarkt. So hat sich das ursprünglich rein christliche Martinsfest zu einem Volksfest entwickelt. Die Märkte haben in Bad Honnef und Bonn-Endenich Tradition und gehen auf das mittelalterliche Marktrecht zurück. Der Martinstag markiert den Beginn des bäuerlichen Jahresablaufs, an dem Pachten, Zehnten und Zinsen fällig wurde, Verträge neu geschlossen oder gekündigt wurden. Die ländliche Bevölkerung deckte sich auf dem Markt vor dem Wintereinbruch vor allem mit Wäsche und Schuhen ein.
Der Umzug der Kinder am Martinstag beginnt bei Einbruch der Dunkelheit, begleitet von Eltern, Lehrern, Musikkapellen und der Feuerwehr. Das „Laternelaufen“ der Kindergärten, Grundschulen und Kirchengemeinden (…ich geh‘ mit meiner Laterne…) bezieht sich auf eine Lichterprozession, mit der Martins Leichnam seinerzeit nach Tours überführt wurde. Der Höhepunkt eines Umzugs ist das Martinsfeuer. Dafür gibt es legendarische Erklärungen. So soll Martin einst in seiner Zelle beinahe Opfer einer Feuersbrunst geworden sein. Auch das von ihm veranlasste Verbrennen gottloser Schriften auf einem Feuerstoß gilt als Grund für das Abbrennen der Feuer. Die Wissenschaft geht allerdings davon aus, dass die heutige Form des Ablaufs ursprünglich auf vorchristliche Feuer- und Lichterbräuche zurückzuführen ist. Das Feuer sollte böse Geister vertreiben. Das Christentum übernahm auch hier die alten Bräuche und interpretierte sie im Sinne der eigenen religiösen Vorstellungen neu.
Brauchtum in Odendorf
(Sammlung Zehnthaus, Fotograf unbekannt)
Zum Abschluss gibt es den Martinsweck, auch Weckmann genannt. Er besteht aus Hefeteig und hat die Form eines Männchens. Es hält eine Tonpfeife in der Hand. Die Augen und Jackenknöpfe sind aus Rosinen. Die heutige Pfeife war ursprünglich ein Bischofsstab, der im 17. und 18. Jahrhundert durch die Reformation beeinflusst in eine Tonpfeife umgewandelt worden war, um religiöse Bilder zu verweltlichen. In einigen Regionen gibt es den Weckmann noch mit dem Bischofsstab.
Nach dem Umzug ziehen die Kinder zum Martinssingen von Haus zu Haus und bitten um Gaben, heutzutage sind dies Süßigkeiten oder Obst. Eine solche Spende soll an St. Martin erinnern und die Großzügigkeit der Menschen bezeugen. In Odendorf gehen die Kinder „schnörzen“, in Köln heißt es „kötten“, im Siebengebirge nennt man es „dotzen“. Die Lieder, die dabei gesungen werden, zeigen trotz örtlicher Verschiedenheit eine deutliche Verwandtschaft: Es geht inhaltlich immer um „D’r hellije Zinter Mätes“.
St. Martin ist bei zahllosen kirchlichen und weltlichen Einrichtungen der Namensgeber. Die Karibikinsel St. Martin wurde am 11.11.1493 durch Kolumbus entdeckt. Es war der Namenstag des heiligen Martin und so erhielt die Insel seinerzeit den Namen Isla de San Martin.
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