Im nordwestlichen Teil von Odendorf befindet sich die Wilkensstraße. Die jeweiligen Straßenschilder sind mit einer kleinen Zusatzplakette versehen, auf der sich der Schriftzug „Heinrich Wilkens, Landwirt aus Odendorf“ befindet, ergänzt durch Geburtsdaten und einem Stiftungshinweis. Wer war dieser Mann, aufgrund welcher Lebensleistung hat die Gemeinde eine Straße nach ihm benannt?
Der „Ackerwirth“ Wilhelm Heinrich Wilkens lebte von 1808 bis 1878 in Odendorf. Er verfasste insgesamt drei Testamente in den Jahren 1876, 1877 und 1878. Die beiden letzteren Testamente dienten der Ergänzung des Testamentes von 1876 und können vernachlässigt werden.
In diesem sehr umfangreichen Haupt-Testament (kirchenrechtlich als Stiftung bezeichnet) findet sich die Verfügung an die Katholische Kirchengemeinde in Odendorf, die bis heute Grundlage der entsprechenden Vermögensverwaltung durch die kath. Pfarrgemeinde ist und zur Finanzierung einiger wichtiger Einrichtungen entscheidend beigetragen hat. Deswegen sei im Folgenden die noch heute wichtige Passage aus dem Testament von 1876 zitiert: „Zum Universalerben meines Nachlasses ernenne ich die katholische Pfarrkirche zu Odendorf, mit der Bestimmung, dass der Ertrag oder Revenüen meines Vermögens nach Abzug der Verwaltungskosten verwand werden, zur Pflege und Unterstützung armer Waisenkinder, armer Kranken und hilfsbedürftigen Greise beiderlei Geschlechts und zwar ohne Unterschied der Confession, in der Gemeinde Odendorf“.
Das Wilkens-Vermögen besteht u.a. aus Grundstücken, die überwiegend verpachtet sind oder im Erbbauwege abgegeben wurden. Besonders sind hier drei Gebäude zu nennen, die auf solchen Grundstücken errichtet wurden und die für das allgemeine Leben in Odendorf große Bedeutung haben.
Zum einen sind hier die Seniorenwohnungen zu erwähnen, die die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft des Rhein-Sieg-Kreises erstellt hat. Das Grundstück ist im Erbbauvertrag der Gesellschaft 1976 zur Verfügung gestellt worden. Diese Wohnungen stehen „jedermann“ zur Verfügung, also z.B. „ohne Unterschied der Confession“, wie es bereits im Testament von 1876 gefordert worden war.
Das Heinrich-Wilkens-Haus in Odendorf
(Foto: Verein Zehnthaus e.V.)
Sodann ist das so genannte Heinrich-Wilkens-Haus zu nennen. Es wurde im Jahr 1983 eröffnet und diente zunächst als Alten-Tage-Begegnungsstätte. Heute wird das Heinrich-Wilkens-Haus Verwendungen zugeführt, die mit den grundlegenden Zielen des Heinrich Wilkens zu vereinbaren sind.
Generell ist festzuhalten, dass die zitierte wörtliche Formulierung im Wilkens-Testament auf die heutige Zeit nicht mehr anzuwenden ist. So sind z.B. unsere Senioren längst keine „armen und alten Greise“ mehr, und auch unsere Kleinen sind kaum mehr „arme Waisenkinder“. Deshalb musste sich der Kirchenvorstand mit der Frage einer „zeitgemäß angepassten Leseart“ natürlich immer wieder beschäftigen und trifft im Einzelfall, ggf. nach Absprache mit dem Erzbistum Köln, „angepasste“ Entscheidungen.
Damit sind wir bei dem dritten Gebäude, das auf Wilkens-Grund steht und auch mit Geldern aus dem Wilkens-Vermögen erbaut wurde: 1979 wurde der Kindergarten (heute Kindertagesstätte und Katholisches Familienzentrum) in Odendorf eröffnet und 2012 erweitert. Wenn auch öffentliche Gelder zur Finanzierung hinzukamen, konnte dieser Kindergartenbau 1979 letztlich nur durch das Wilkens-Testament ermöglicht werden.
Die drei erwähnten Gebäude bilden einen geschlossenen Komplex um das katholische Familienzentrum in Odendorf, Orbachstraße 19.
Zum Schluss soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch ein finanzieller Anteil beim Bau des Kath. Pfarrzentrums der Pfarrgemeinde St. Petrus u. Paulus in Odendorf (eröffnet 2010) aus dem Wilkens-Vermögen stammt.
So steht auch heute noch der Name Heinrich Wilkens für ein großes soziales und christliches Engagement, dem sich der Kirchenvorstand der Kath. Pfarrgemeinde St. Petrus u. Paulus in Odendorf stets verbunden fühlt. So verwaltet er nicht nur die genannten Einrichtungen und Ländereien, sondern verwendet immer wieder Erlöse aus den Erträgen und Zinsen des Kapitalvermögens für caritative Hilfen im Einzelfall.
Erschienen am 10.7.21 in Blick Aktuell, Journal Rhein-Sieg-Kreis, Ausgabe 27/2021
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